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KNAST-AG

Hohe Renditen bei der Firma Schloß & Riegel

Es war in Regensburg im Monat Mai. Im Verlaufe eines immer alberner werdenden Feierabendgeschwätzes entstieg in dieser Lenzesnacht dem Hirne eines Kollegen ein Gedan­ke, wie weiland Athene der Stirne des Zeus entstiegen war.

EINE SCHNAPSIDEE…

Es saßen hier aber Psychologen und Sozialpädagogen zusammen, wel­che allesamt in Diensten eines Vereins im Strafvollzug tätig waren und also lautete der Gedanke des Kollegen folgendermaßen: man könnte doch, so gab er zubedenken, in dieser Birnenblütenzeit neuerwachter Unternehmerträume in eine absolute Wachstumsbranche einsteigen: in den Strafvollzug. Kohle, so drückte er sich aus, ließe sich ge­wiß genug damit machen. Einwände, es ließe sich der Staat diese ureigenste hoheitliche Aufgabe - hoheitlicher als die Müllabfuhr - nun sicherlich nicht nehmen, wischte er mit kühner Geste beiseite: habe nicht der Staat schon Teile seines Gewaltmonopols an private Unternehmer verkauft? Er sage bloß:"Schwarze Sheriffs!" und könne dies nur wiederholen: "Schwarze Sheriffs!".

Nachdem in gebührender Ausführlichkeit technische Einzelheiten be­sprochen worden waren, ging man auseinander und in sachtem Nachgekichere versank der kühne Einfall wieder im Strom des Vergessens.

…WIRD ZU PAPIER

Ich aber wollte den hübschen, kleinen Einfall, der sich - gottlob! - doch nicht und nirgends verwirklichen läßt, wenigstens literarisch festhalten und konsequent zu Ende spinnen; setzte mich also andern­tags an's Gerät und verfaßte folgenden kleinen Artikel für den "HOHLSPIEGEL", das interne Mitteilungsblatt des Vereins:

Liebe Mitglieder,

der Strafvollzug in der herkömmlichen Form, in welcher der Staat Ein-/Verbrecher jeglicher Art in von ihm unterhaltenen Etablissements zwangsweise beherbergt und bekocht, ist - nehmt alles nur in allem - ein kostspieliges Vergnügen. Selbst wenn man die Einnah­men der Justizvollzugsanstalten aus dem Verkauf wohlfeiler Arbeitskraft bereits auf der Habenseite verbucht, so bleibt unter dem Strich doch die bittere Erkenntnis, daß das Staatsunternehmen JVA - wie so viele staatliche Betriebe (Bahn, Müllabfuhr z. B.) - ein rechter Zuschußbetrieb ist. Wenn auch manche Vollzugsanstalten - wie z. B. das Flaggschiff des Frei(!!)staates Bayern: die JVA Straubing - wirt­schaftlich autark sind, so bleibt doch der betrübliche Fakt, daß jeder Einsitzende im Durchschnitt pro Beherbergungstag 75,- DM kostet. Darin ist Kost, Logis und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung enthalten.

So sicher wie das richtig ist, so gewiß ist auch, daß dies nicht so sein muß. So manche wagemutige Kommune hat mittlerweile mit der Privatisierung ehemals kommu­naler Dienste - wie eben der erwähnten Müllabfuhr - sehr gute Erfahrungen gemacht, dergestalt nämlich, daß die weiland Zuschußbetriebe in privater Regie mit einem Male nicht nur keine Verluste, sondern sogar Gewinne machten.

Das geistige Klima der politischen WENDE in diesem unserem Lande läßt nun die Blütenträume kühner Privatisierungsprojekte blühen. Nachdem es der KONTAKT e. V. bereits bisher schon geschafft hat, mit seinen Sozialen Trainingskursen einen - im wohlverstandenen Sinne - alternativen Strafvollzug zu Dumpingpreisen anzubieten, wollen wir mit einem neuen Projekt weitere Marktanteile in der krisenfesten Wachstumsbranche Strafvollzug erobern.

Wenngleich es vorwitzig erscheinen mag, in der jetzigen Phase der ersten Planung und Kalkulation zu laut schon herumzurufen, so verpflichtet uns doch das Prinzip Demokratie in unserem Verein zu dieser Offenheit:

-    DER KONTAKT E. V. PLANT, IM RAUM REGENSBURG EINE STAATLICH ANERKANNTE, NICHTSDESTOTROTZ ABER PRIVATE JUSTIZVOLLZUGSANSTALT ZU ERRICHTEN UND IN EIGENER REGIE ZU BETREIBEN.

Erste Verhandlungen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und der Stadt Regensburg haben bereits gezeigt, daß dem besagten Projekt von Seiten dieser Behörden erhebliches Wohlwollen entgegengebracht wird. Dieses Wohlwollen gründet sich auf handfeste Vorteile, die der Öffentlichen Hand aus dem "Projekt KONTAKT-Knast" erwüchsen.

-    Der Staat ist von der Aufgabe, eine solche Institution selbst zu verwal­ten, entlastet; lediglich eine gewisse Fach- und Rechtsaufsicht muß er noch wahrnehmen - in etwa vergleichbar mit der jetzigen Situation bei Privatschulen oder -internaten.

-    Die im Verlaufe eines solchen Betriebes auch weiterhin zu erwartenden Pannen und Skandale - natürlich wird es sie geben, so wie es sie bisher gegeben hat - fallen dann nicht mehr zu Lasten staatlicher Behörden, sondern werden bereits im Vorfeld privatinitiativ aufgefangen.

-    Nach den bisher vorliegenden und bereits eingereichten Kalkulationen beläuft sich der von uns kostendeckend zu berechnende Tagessatz im sensationell niedrigen Bereich von 47,83 DM (!!). Gegenüber den Kosten des herkömmlichen staatlichen Strafvollzugs ist dies eine Einsparung von ca. 36 %! Bei der gegenwärtigen traurigen Finanzlage der öffentlichen Hände (siehe Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst) ist dies natürlich ein ganz gewichtiges Argument. Unter anderem konnte dieser günstige Preis dadurch erreicht werden, daß die Bediensteten der künftigen vereinseigenen JVA natürlich keine Beamten sein werden. Die horrenden Kosten der Überversorgung dieser Gruppe entfallen damit natürlich. Ein weiterer kostensenkender Umstand ist der verstärkte Einsatz von Praktikanten. Studen­ten der FH für sozialpädagogische Aufgaben, männliche Sportstudenten für Aushilfsaufgaben im Allgemeinen Vollzugsdienst.

Sollte es sich in der näheren Zukunft bewahrheiten, daß das von der Stadt Regensburg für die Ansiedlung des neuen BMW-Werkes angekaufte Grundstück nun doch nicht für diesen Zweck genutzt werden kann, so ist davon auszugehen, daß das "Projekt KONTAKT-Knast" ein  Vorkaufsrecht für dieses Gelände haben wird ("Projekt KONTAKT-Knast" ist natürlich nur eine flapsige vereinsinterne Bezeichnung. Offiziell läuft das Vorhaben unter dem - zugegeben etwas spröden und gewollten - Titel "Privatvollzugsanstalt" PVA). Sollten sich die BMW-Ansiedlungspläne überraschenderweise doch wie vorgesehen entwickeln, so ist ein größeres Grundstück auf den Winzerer Höhen im Gespräch.

In der ersten Ausbauphase ist die PVA auf eine Regelbelegung von 105 Häftlingen ausgelegt, während die Endstufe - voraussichtlich - bei ca. 420 Häftlingen sich einpendeln wird. Geplant sind ausschließlich 1- oder 2-Mann-Zellen. Es versteht sich, daß ein solches Vereinsgefängnis nur eine Kurzstrafen-Anstalt sein kann. Dies liegt weniger daran, daß wir mit den Sicherheitsbedürfnissen einer Schwerkriminellen-Anstalt überfordert wären. Der Hauptgrund ist vielmehr darin zu sehen, daß eine Anstalt wie etwa die JVA Straubing wegen ihrer Größe und der recht konstanten Belegung wirtschaftlich absolut rentabel ist. Eine Privatisierung dieser Anstalten kann daher gar nicht im staatlichen Interesse liegen.

Wenn unsere PVA die letzte Ausbaustufe erreicht haben wird, so ist damit zu rechnen, daß die jetzige JVA Regensburg in der Augustenstraße endgültig aufgelöst werden wird. Den Regensburger Grundstücksmarkt wird ein freiwerdendes Grundstück dieser Größe in unmittelbarer Altstadtnähe spürbar entlasten.

…UND IST FLEISCH GEWORDEN.

Irgendwie nun muß dieser "HOHLSPIEGEL" nach Amerika gelangt, muß der Samen albriger Frühjahrsspinnerei versehentlich auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Zu Silvester '83 in der "Welt", nach Dreikönig in "Süddeutscher Zeitung" und "Frankfurter Rundschau" nämlich war das Echo des leichtsinnigen Maienjodlers zu vernehmen gewesen:

In Houston (Texas) habe sich eine "Correction Corporation of America" gegründet, welche dabei sei, ein privates Internierungslager für illegale Einwanderer aus Lateinamerika zu bauen. Sollte dieses Pilotprojekt sich bewähren und also hinreichend Profit abwerfen (woran Tom Beasley, der Präsident der Knast AG keineswegs zweifelt), dann sei an den Bau weiterer Projekte gedacht; mehr als ein Dutzend und dann auch "richtige" Gefängnisse für Schwerverbrecher und mit Stacheldraht und Maschinengewehrtürmen. Billiger sei der Privatknast allemal, käme pro Häftling mit einem Tagessatz von 23,50 $ aus, gegenüber satten 42 $ in staatlichen Etablissements. Es werde dieser Strafvollzug zu Dumpingpreisen u. a. dadurch möglich, daß dem privat angestellten Personal längst nicht so hohe Gehälter gezahlt werden müßten, wie dies bei tarifvertraglich abgesicherten Beamten der Fall sei. Um gleich Nägel mit Köpfen zu machen, habe man den designierten Präsidenten der Amerikanischen Gesellschaft für Straf­vollzug als hauptamtlichen Berater engagiert.

Den Kerl, wenn ich erwische, der diesen "HOHLSPIEGEL" mit der Schnaps-Idee nach Amerika geschickt hat! Und von Satiren laß ich künftig auch die Finger.