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Ran an den Haken

In jenen altbackenen Zeiten des finstern Mittelalters, als die Menschen noch - man denke! - an den Lieben Gott glaubten und also das Christliche Abendland in allermerkwürdigster Blüte stand - in diesen Jugendjahren unserer Greisenzeit also, galt es für schick, bestimmte Berufsgruppen mit allgemeiner Verachtung zu bedenken:

-    den TOTENGRÄBER etwa, obwohl es ihm zu verdanken war, daß ausgebrannte Untertanen ordnungsgemäß endgelagert wurden

-    oder den HENKER, der in biederer Übung seines Handwerks nichts anderes tat, als was ihm Papst und Kaiser zu tun geheißen hatten:

     "Wer aber - ohne Unsere Päpstliche/Kaiserliche Lizenz - Wänste schlitzt, dem soll seine Rübe abgehackt werden, so lange, bis er tot ist oder so. Kruzifix, Halleluja, nochmal!"

LOVELY RITA, METERMAID

Zu den verachtetsten Berufen heutzutage gehört ohne Zweifel die BULLETTE, die man im launigen Amtsdeutsch mitunter auch "POLITESSE" nennt. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts - als Politessen in Deutschland noch weitgehend unbekannt waren - konnte man allenthalben Lobeshymnen auf die Damen mit dem wirkmächtigen Schreibblock hören, als nämlich die Beatles seligen Angedenkens jene "Lovely Rita, Metermaid" besangen:

"Standing by a parking-meter,
When I caught a glimpse of Rita,
Filling in the ticket in a little white book.
In her cap she looked much older
And the bag across her shoulder
Made her look a little like a military-man   
Got the bill and Rita paid it....

Das aber ist lange her, geschehen in den goldenen Zeiten, da man von Parkplatzmangel sprach und nicht von Parkplatznot; da man noch Witze machte über den täglichen Parkplatzärger, kaum etwas ahnte von der diesbezüg­lichen Verzweiflung unserer Tage.

AUFSCHREIBEN, ABSCHLEPPEN, BEZAHLEN

Nach all dem globalen Geschwätz über Päpste, Beatles, Politessen ist es an der hohen Zeit, dem Anlaß dieser parfümierten Wortwolke sich zuzuwenden; dem Kleiner und der "WOCHE".

Zum weißichwievielten Male sang dort nämlich Ralph Kleiner das Lied von Trauer und Wut über den gefundenen Strafzettel, den verlorenen Parkplatz und was das alles kostet, hachott! Er macht sich stark für "die Bewohner der Straßenzüge. Wozu brauchen die Autos, wozu suchen die in der Innenstadt Parkplätze..   Strafzettel für alle, die das Pech haben, im historischen Stadtkern zu wohnen und dort den Wagen benutzen zu müssen, erfüllen ihren Zweck ja auch....Nun darf halt jeder, der aus eigenem Verschulden zugleich Innenstadtbewohner und stolzer Wagenbesitzer ist, eine bescheidene Pauschale von circa 150 Mark pro Monat neben der Miete für die Parkzettel einkalkulieren."

Man darf jetzt aber um Himmels willen nicht in den Fehler verfallen, Herrn Kleiner für einen Liebhaber der autogerechten Stadt zu halten. Ein "hartnäcki­ger Befürworter der Verkehrsberuhigung" ist er vielmehr, will das wohl auch bleiben. Wenn man ihn läßt, wenn er nicht "auf kaltem Weg, durch die großzügige Bescherung mit Strafmandaten und Abschlepprechnungen von (seinem) Irrweg abge­bracht" wird.

WASCHEN OHNE NASS ZU WERDEN

Herr Kleiner ist - man wird es nach seinem Artikel "Die Abschlepper" getrost vermuten dürfen - ein wohlmeinender Sozialdemokrat; oder ist zumindest tief verwurzelt in den Denkstrukturen und Argumentationsmustern jener schweinchenrosa Freunde des gemäßigten Fortschritts in den Grenzen der Gesetze. Reformen sollen schon sein, versteht sich, nicht soooo radikal natürlich, daß sie gleich was bewirken - eine Änderung womöglich.

Verkehrsberuhigung in der Altstadt ist äußerst lobenswert, das wurde allmählich Zeit, daß man die Autos aus der Altstadt rausekelt, klar. Muß man aber so weit gehen, daß man diese Autos auch wirklich verscheucht?

HEULEN SOLL SEIN UND ZÄHNEKNIRSCHFN

Man muß, Herr Kleiner, man muß!
Ent- oder weder.
Hinz oder Kunz.

Wenn ich die Altstadt vom Individualverkehr entlasten will, dann muß ich den Bezirk entweder total dicht machen - ein Ziel, auf's innigste zu wünschen - oder doch zumindest jeden Autobesuch in der Stadt extrem unattraktiv machen. Jeder Idiot, der allen Warnungen zum Trotz in den Dschungel fährt, muß dafür büßen, ganz klar. Heulen muß er, wenn er im Stau feststeckt. Toben, wenn er das dritte Mal die Schleife fährt und immer noch keinen Parkplatz findet. Im Schmerz sein Gewand zerreißen, weil sein Auto von Amts wegen entführt wurde.

Anders als durch brachiale Gewalt wird die Altstadt nimmermehr vom täglichen Irrsinn befreit werden:

JE PARKPLATZ DESTO HINFAHREN

Parkplätze ziehen die Autos an, wie die Scheiße die Fliegen. Die Wege dorthin mögen noch so eng und verstopft sein, wenn am Ende ein Parkplatz winkt, dann fahren die Autos durch diese Wege. Es ist diese zwanghafte Handlung tief in der Psychopathologie des Automobilisten verwurzelt (Bin selber Automobilist, weiß, wovon ich rede; W. H.). Und umgekehrt: wo keine Parkplätze mehr sind, dort fährt auch keiner mehr hin. Was sollte er dort auch?

Durch den glücklichen Umstand einer verwutzelten Altstadt sind Parkplätze in Regensburgs City von Haus aus nur begrenzt vorhanden. Das Ziel des klugen Ver­kehrsberuhigers muß es nun sein, diese vorhandenen Parkplätze weiter zu redu­zieren, die Null-Lösung anzustreben. Auf gar keinen Fall aber darf er zulassen, daß - wenn die spärlichen regulären Plätze belegt sind - Anarchie sich breitmacht und jeder Blech-Terrorist seine Karre abstellt, wo immer ihm der Zündschlüssel grade aus der Hand fällt.

Und wenn unser Verkehrsberuhiger dies will, dann muß er auch bereit sein, seinen revolutionären Willen gegen reaktionäre Widerstände durchzusetzen.

FALSCHPARKER UND ALLE ANDEREN REAKTIONÄRE SIND PAPIERTIGER!

WER SEINE RUHE HABEN WILL, DER MUSS 1 RUHE GEBEN

Die Bewohner der Altstadt sind von solchem rigorosen Handeln natürlich nicht ausgenommen. Ein Grundrecht auf einen freien Parkplatz vor dem Haus gibt es nicht, verdammt noch mal! Gerade die Altstadtbewohner sind es schließlich, welche am meisten von einer verkehrsberuhigten Altstadt profitieren.

Eine autofreie Innenstadt aber setzt voraus, daß man keine Autos mehr in die Innenstadt läßt.

Dieser simple Satz muß doch einleuchten, auch dann, wenn er (für mich, z. B.) bedeutet, daß ich jeden Morgen von der Hundsumkehr in die Bachgasse laufen muß und abends wieder zurück. In einer Stadt, die nicht mehr von meinem (übrigens auch Deinem) Auto verstunken und zugeschissen wird, könnte das sogar Spaß machen. Stell' ich mir vor.

Küß' die Hand, Frau Politesse!